Fünf Jahre Museum Biedermann – Interview mit der Gründerin Margit Biedermann

Margit-Bidermann, Foto ONUKVor fünf Jahren eröffnete die Kunstsammlerin Margit Biedermann im September ihr eigenes Museum in Donaueschingen. Über 60.000 Besucher kamen seitdem in das lichtdurchflutete Gebäude, um die wechselnden Ausstellungen mit Werken internationaler, zeitgenössischer Künstler zu sehen. Die Journalistin Ute Bauermeister sprach mit der Sammlerin Margit Biedermann anlässlich des Jubiläums über das Museum und dessen Entwicklung.

Was empfinden Sie zuerst, wenn Sie das Museum Biedermann betreten?

Margit Biedermann: Licht, eine gewisse Großzügigkeit und Entspannung. Wenn ich die Treppen emporsteige, dann freue ich mich über die unglaubliche Kraft der Wandfarbe; dieses Kardinalslila hat eine totale Power, es leuchtet. Als wir das Gebäude gekauft haben, war das Foyer in Braun und Grün gestrichen. Ich wollte es unbedingt in Schwarz und Lila haben. Ich musste ganz schön darum kämpfen, kaum jemand konnte sich diese Farbkombination vorstellen. Aber die schwarze Farbe dient der Fokussierung und sie beruhigt, das Lila hat demgegenüber eine unglaubliche Ausstrahlung. Zusammen ergibt das eine ganz besondere Atmosphäre, in der man sich sehr wohl fühlt.

Sind Sie mit der Entwicklung des Hauses zufrieden?

Margit Biedermann: Ja, ich bin sehr zufrieden. Wir erfahren großen Zuspruch aus der ganzen Region und darüber hinaus. Die Menschen nehmen nicht nur das Ausstellungsangebot wahr, sie kommen auch zu den Konzerten, Künstlergesprächen und den Kinovorführungen. An den Eröffnungstagen haben wir meist rund 500 Besucher.

Sie haben sich bewusst für Donaueschingen und gegen die Großstadt entschieden, war das richtig?

Margit Biedermann: Ja, ich würde es wieder so machen. Wir können hier sehr konzentriert, intensiv und ruhig arbeiten, das gefällt mir.

Das Museum Biedermann legt viel Wert auf Vernetzung und Kooperation, fühlen Sie sich gut eingebunden in die Region?

Margit Biedermann: Wir bekommen viel Unterstützung, sind gut vernetzt – wie z.B. mit der Musikhochschule Trossingen, dem Kommunalen Kino, der Kunstschule Donaueschingen und anderen Kunsthäusern in der Region – und haben bereits mit einigen Institutionen kooperiert. Aber es ist auch wichtig, dass wir unser eigenes Profil noch stärker herausarbeiten. Wir hatten bisher drei Gastausstellungen, die allerdings auch Bezüge zu der Sammlung hatten, wie beispielsweise die Ausstellung Premio Fondazione VAF mit junger italienischer Kunst. In der Sammlung Biedermann wiederum liegt ein Schwerpunkt auf den italienischen Künstlern Nunzio, Gianni Dessì, Piero Pizzi Cannella und die römische Schule. Ich werde künftig wieder mehr Künstler aus der sogenannten „zweiten Reihe“ ausstellen, die ebenfalls sehr gute Werke schaffen. Was gerade hipp ist, Zeitgeist und irgendwelche Maschen interessieren mich nicht. Ich bin den echten Überzeugungstätern auf der Spur…

Wie Sie schon sagten: Ein Schwerpunkt Ihrer Sammlung ist die italienische Kunst. Was gefällt Ihnen daran besonders gut?

Margit Biedermann: Mir gefällt vor allem die Ästhetik dieser Arbeiten. Das ist handwerklich alles sehr gut bis perfekt gemacht und es geht um die Kunst und nicht so sehr um Trends. Ein Werk muss etwas Eigenständiges sein. Die italienischen Künstler sind Individuen mit unverwechselbarer Handschrift. Eine Arbeit von Nunzio oder Dessì erkenne ich sofort.

Sammeln Sie anders, seit Sie ihr Museum haben?

Margit Biedermann: Ich schaue nach anderen Formaten und sammle auch größere Arbeiten. Künstler, die ich bereits in der Sammlung habe, interessieren mich nach wie vor und ich ergänze die Sammlung mit weiteren Arbeiten von ihnen.

Haben Sie Lieblingswerke?

Margit Biedermann: Die verkohlte Holzarbeit von Nunzio, die bereits im Spiegelsaal und im Anbau zu sehen war, gehört sicher dazu. Aber es können auch Zeichnungen sein. Ich verkaufe nichts. Wenn ich die Sammlung durchgehe, bin ich jedes Mal überrascht, was für tolle Arbeiten sich dort befinden. Wir können noch viel Neues und Spannendes zeigen im Museum, und darauf freue ich mich.

Sie sammeln zeitgenössische Kunst, oft auch aus alltäglichen Materialien. Wie reagieren Besucher auf Skulpturen aus Neonröhren, Plastik oder Styropor?

Margit Biedermann: Die Leute sind positiv überrascht, was man aus solchen Materialien machen kann. Es freut mich, dass die Besucher so neugierig sind und überwiegend anerkennend reagieren. Ich glaube, dass z.B. durch die moderne Musik der Donaueschinger Musiktage die Menschen hier in der Gegend sehr offen für Neues sind.

Kommen viele Kinder und Jugendliche ins Museum?

Margit Biedermann: Ja, wir haben erfreulich viele junge Besucher, die auch das Angebot von speziellen Führungen und Workshops immer wieder gerne nutzen. Z.B. in den Ferien bieten wir regelmäßig mit der Jugendkunstschule Workshops an. Diese Zusammenarbeit wollen wir noch weiter ausbauen.

Kann Kunst noch überraschen oder gab es alles schon mal?

Margit Biedermann: Soll Kunst überhaupt überraschen? Die Eventgeschichten in der Kunst interessieren mich nicht, sie sind meist kurzlebig. Wer genau hinschaut kann bei den Künstlern, deren Arbeiten ich sammle sehr viel entdecken. Ich denke zum Beispiel aktuell an Wim Botha, dessen Arbeiten wir gerade präsentieren.

Was begeistert Sie persönlich nach wie vor am meisten an der Kunst?

Margit Biedermann: Künstler, die immer wieder über den Tellerrand schauen, die etwas wagen. Die meisten Menschen sind heutzutage eher vorsichtig, Künstler dagegen sind mutig. Es ist nicht einfach, wenn man wirklich eigene Wege geht. Im Nachhinein sieht es oft leicht und toll aus, aber man muss sich vorher trauen zu sagen: ich mache das jetzt so, selbst wenn es die anderen nicht gut finden.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Museums?

Margit Biedermann: Dass ein Besuch lohnend ist. Wir leisten mit unserem Team solide Arbeit als regionale Kulturstätte und möchten als Kunstmuseum überregional noch stärker wahrgenommen werden, nicht für mehr Quantität, sondern für unsere Qualität.

Das Interview führte die Journalistin Ute Bauermeister.
Foto: (c) ONUK

Nach oben scrollen